Die jungen hellgrünen Triebe der Fichte, die nicht länger als ein Fingerglied des kleinen Fingers sein dürfen und die wegen ihres Wachstums vorwiegend im Mai auch „Maiwipferl“ genannt werden, wurden von unserem Bauern in Mecklenburg-Vorpommern von Hand gepflückt und von uns umgehend mazeriert. Und von da an ist Geduld gefragt, denn wie die Erfahrung zeigt, ist dem Geist der jungen Fichtensprossen eine besonders lange Mazeration sehr zuträglich. Das liegt daran, dass die in den jungen Sprossen prädominanten Komponenten des ätherischen Öls (nicht oxidierte Terpene) unter den von uns gewählten - für die Extraktion der ganzen Bandbreite der Bestandteile erforderlichen - Mazerationsbedingungen länger brauchen, um sich zu lösen. Denn nur was aus den Nadeln gelöst ist, kann beim anschließenden Destillieren auch in das Destillat übergehen. Doch das Warten hat sich mehr als ausgezahlt: aus den frisch mazerierten Sprossen ist ein außergewöhnliches, grün-fruchtig bis frisch-würzig und nach Wald duftendes Destillat mit Anklängen von Zitrone entstanden, das durch die Lagerung noch deutlich gereift ist und an Komplexität gewonnen hat. Durch die Ernte der Sprossen kurz nach dem Austreiben ist der Anteil des oxidierten Monoterpenesters Bornylacetat mit seinen sehr kräftigen Fichtenaromen noch nicht so ausgeprägt und es treten die Noten nicht oxidierter Monoterpene wie u.a. a- und b-Pinen und Limonen stärker in den Vordergrund, die die oben genannten Aromaausprägungen verantworten. Doch nun genug der grauen Theorie, Probieren geht über Studieren: also nichts wie ran, liebe Mixologen, Köche und sonstige Kreative.